Nutzungsausfall: Was muss die Versicherung bezahlen?

Nutzungausfall – was muss die Versicherung bezahlen?

Wie hoch ist die Nutzungsausfallentschädigung

Es hat gekracht, das Auto ist nicht mehr fahrtüchtig oder hat gar einen Totalschaden erlitten. Der Geschädigte ist auf ein Fahrzeug angewiesen oder möchte zumindest dafür Entschädigung, dass er nach dem Unfall sein Auto nicht nutzen kann.

Die Nutzungsausfallentschädigung gehört zu den typischen Schadenspositionen, die nach dem geltenden Verkehrsrecht vom Versicherer des Unfallgegners gegenüber dem Geschädigten zu ersetzen sind.

Über die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung wird allerdings oft gestritten: Gerne stellen sich Versicherer unter Vorhalt der Schadenminderungspflicht auf den Standpunkt, der Geschädigte könne keine oder nur eine geringere Entschädigung für den Nutzungsausfall beanspruchen.

Nutzungsausfallentschädigung vs. Ersatzwagen: Muss der Geschädigte einen möglichst billigen Mietwagen akzeptieren?

Eines ist klar: Der Geschädigte hat das Recht, während sein Unfallfahrzeug wieder in einen fahrbereiten Zustand versetzt wird, einen Ersatzwagen zu beanspruchen, oder alternativ Nutzungsausfallentschädigung zu verlangen.

Dasselbe gilt natürlich bei einem Totalschaden für den Zeitraum bis zur Wiederbeschaffung eines vergleichbaren Autos. Aber verpflichtet ihn die Schadenminderungspflicht, sich auf die für den Haftpflichtversicherer günstigere Variante einzulassen?

Wenn die Mietwagenkosten niedriger wären, als die Nutzungsausfallentschädigung

Das Argument der Haftpflichtversicherer geht in diesem Zusammenhang dahin, dem Geschädigten eine Nutzungsmöglichkeit durch ein klassentieferes Ersatzfahrzeug anzubieten und zu behaupten, es entspreche der Schadenminderungspflicht im Verkehrsrecht, dass der Geschädigte sich darauf einlässt.

Dazu hatte sich das OLG Koblenz mit folgendem Fall zu befassen: Das Fahrzeug des Geschädigten war ein Neuwagen, der bei einer Laufleistung von weniger als 1.000 km durch einen Verkehrsunfall einen Totalschaden erlitten hatte.

Der Geschädigte beauftragte einen Sachverständigen und bestellte im Anschluss einen Neuwagen, um wieder ein Fahrzeug zu erhalten, wie er es vor dem Unfall hatte. Für die Lieferzeit verlangte er Nutzungsausfallentschädigung, die der gegnerische Versicherer nicht tragen wollte.

Er argumentierte, der Geschädigte hätte im Sinne der Schadenminderungspflicht den vom Versicherer angebotenen klassentieferen Mietwagen annehmen müssen, die Mietwagenkosten wären deutlich niedriger ausgefallen, als die nun verlangte Nutzungsausfallentschädigung.

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Die Auffassung des Gerichts zum Nutzungsausfall

Das Gericht gestand dem Geschädigten zunächst als angemessene Überlegungsfrist zu, dass er zwischen Verkehrsunfall und Beauftragung des Sachverständigen eine Woche hatte verstreichen lassen.

Im konkreten Fall hatte der gegnerische Versicherer zunächst dem Geschädigten eine Teilschuld an dem Unfall zugewiesen, so dass es aus Sicht des Gerichts verständlich war, dass der Geschädigte zunächst überlegt hatte, um nicht einen Teil der Mietwagenkosten am Ende noch selbst tragen zu müssen.

Unmittelbar nachdem das Gutachten vorlag, hatte der Geschädigte den Neuwagen bestellt. Der Nutzungsausfall hielt damit bis zur Lieferung des Fahrzeugs an, eine künstliche Verlängerung dieser Zeit war nicht eingetreten, so dass der Anspruch auf Entschädigung für den Nutzungsausfall in diesem Sinne unumgänglich war.

Das Gericht kam zudem zu der Erkenntnis, dass sich diese Zeitspanne noch in einem üblichen Rahmen für Reparatur bzw. Ersatzbeschaffung befand.

Nicht nachvollziehbar war allerdings die Auffassung der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners, dass sich der Geschädigte auf einen klassentieferen Mietwagen hätte einlassen müssen.

Letztlich hätte dies einzig zur Konsequenz gehabt, dass dem gegnerischen Versicherer Kosten erspart worden wären. So weit allerdings reicht nach dem Verkehrsrecht die Pflicht des Unfallopfers nicht, den Schaden möglichst niedrig zu halten.

Das Gericht gestand dem Verunfallten daher die volle verlangte Entschädigung für den Nutzungsausfall zu.

Nachdem es sich bei dem Unfallfahrzeug zudem um einen Neuwagen mit sehr niedriger Laufleistung gehandelt hatte, musste sich der Verunfallte auch keine Ersparnis hinsichtlich des Wertes der vorangegangenen Benutzung anrechnen lassen.

Der bloße Umstand, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung durch einen Sondertarif mit günstigeren Mietwagenkosten an dieser Stelle hätte Geld sparen können, führte zu keinem anderen Ergebnis.

Voraussetzungen für die Nutzungsausfallentschädigung

Die Nutzungsausfallentschädigung ist grundsätzlich „nur“ von den Faktoren abhängig, die den Anspruch begründen.

Das sind – vereinfacht gesagt: Ein Nutzungsausfall liegt vor, es besteht keine Nutzungsmöglichkeit, aber ein Nutzungswille.

Durch geeigneten Reparaturnachweis muss ferner nachgewiesen werden, dass das Fahrzeug repariert wurde und ein Nutzungsausfall demzufolge überhaupt eingetreten ist.

Anders wäre die beispielsweise dann, wenn der Geschädigte über einen fahrbereiten Zweitwagen verfügen würde.

Für den Verunfallten besteht damit das Wahlrecht, die Nutzungsausfallentschädigung in der ihm zustehenden Höhe (z.B. nach der einschlägigen Schwacke-Tabelle) zu verlangen, oder alternativ ein angemessenes Ersatzfahrzeug anzumieten.

Weitere Schadenspositionen nach einem Verkehrsunfall

Ist durch den Unfall kein Totalschaden eingetreten, so besteht grundsätzlich Anspruch auf Ersatz der Abschleppkosten, Reparaturkosten und der Wertminderung, sofern eine solche eingetreten ist. Es empfiehlt sich deshalb immer, einen eigenen unabhängigen Sachverständigen mit der Begutachtung zu beauftragen, damit Reparaturkosten und Wertminderung zutreffend ermittelt werden.

Die UNFALLHELDEN wünschen allzeit sichere Fahrt.